Der AWO-Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen mit Sitz in Herten hat einen neuen Fachdienst: Gewaltprävention und Kinderschutz.
Bei über 7.000 Kindern im offenen Ganztag und über 5.000 in Kindertageseinrichtungen der AWO im Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen gebe es leider immer wieder auch Fälle, wo Mitarbeiter Hinweise auf Kindeswohlgefährdung erhalten. Diesen nachzugehen und die betreffenden Mitarbeiter dabei zu unterstützen und zu beraten ist bereits seit 2013 die Aufgabe von Kinderschutzfachkraft Melanie Havermann. Seit August leitet die Diplom-Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin den neu eingerichteten Fachdienst Gewaltprävention und Kinderschutz. „Neu ist, dass meine Kolleginnen und ich ab sofort für alle Fachbereiche im ganzen Unterbezirk zuständig sind“, so Havermann. Denn immer wieder erreichten sie auch Anrufe von Kollegen etwa aus der Familien- oder Schuldnerberatung oder dem ambulant betreuten Wohnen. „Da lege ich natürlich nicht auf. Aber formal war ich bisher nicht zuständig“, beschreibt die 46-Jährige einen Grund für die Neuorganisation. In der steht mit fast drei, statt vorher eineinhalb Vollzeitzeitstellen nun auch mehr Women-Power bereit: „Anderswo läuft das irgendwie mit. Es ist großartig, dass die Geschäftsführung erkannt hat: Kinderschutz geht nicht auf halbem Fuß!“, so Havermann über die personelle Aufstockung. Eine wesentliche Aufgabe sei neben der akuten Beratung nach Bedarf, für alle AWO-Einrichtungen im Unterbezirk Schulungen zu entwickeln und durchzuführen, erklärt Melanie Havermann. „Da befinden wir uns gerade in der Konzeptionsphase.“
Auch interne Gewalt im Blick
Eine wesentliche Neuerung sei auch die Erweiterung auf mögliche interne Gewalt, also Gewalt von Mitarbeitern gegenüber schutzbefohlenen Kunden oder Klienten. Im Zuge einer gesteigerten öffentlichen Wahrnehmung des Themas Kindeswohlgefährdung auch durch die besonders dramatischen Fälle in Lügde, Datteln und Bergisch Gladbach sei die Sensibilität für das Thema und der Beratungsbedarf noch einmal gestiegen. Die Arbeit des Fachdienstes beginne aber bereits viel früher, betont Mitarbeiterin Rita Tücking: Grenzüberschreitungen fingen oft subtil und weniger eindeutig an. Und Grenzen seien zudem individuell sehr unterschiedlich. „Eine Grenzüberschreitung kann zum Beispiel darin bestehen, dass ein Mitarbeiter einem Bewohner einer Wohnstätten immer sehr nahe kommt, obwohl diesem Distanz wichtig ist.

Dafür wollen wir sensibilisieren und vorbeugen.“ Bereits vor zwei Jahren habe der Unterbezirk daher ein Verfahren entwickelt, wie mit Hinweisen oder Verdachtsfällen umzugehen ist. „Das entwickeln wir nun weiter und wenden es systematisch an“, so Melanie Havermann. „Wir sind Ansprechpartner für alle Mitarbeiter, die solche Fälle beobachten, sich aber vielleicht unsicher sind.“ Je nach Fall könnten Gespräche mit dem betreffenden Mitarbeiter, Schulungen, aber natürlich auch härtere Konsequenzen wie Suspendierung und Anzeige folgen. Dafür sei auch wichtig, dass sich der Fachdienst als Stabsstelle der Geschäftsführung außerhalb der gewöhnlichen Hierarchien befände. „Kinderschutz darf nicht an Hierarchien scheitern!“, sagt Melanie Havermann.
Auch Strukturen im Blick
Manchmal könnten auch strukturelle Faktoren wie Personalmangel oder Stress ein Lauter-Werden oder ein ungefragtes Wegschieben eines Bewohners im Rollstuhl begünstigen. „Dass sowas passiert, kann wohl niemand für sich komplett ausschließen – gerade in einer Stresssituation“, betont Melanie Havermann. Ihr sei wichtig, niemanden zu stigmatisieren, sondern zu unterstützten. Es gehe darum, die Situation mit allen Beteiligten möglichst so zu verändern, dass Belastungsfaktoren reduziert werden oder idealerweise ganz wegfallen. Als nächsten Schritt wollen Melanie Havermann und ihre Mitstreiterinnen nun das Einrichtungskonzept fertigstellen. „Außerdem treten wir mit allen Einrichtungen in Kontakt, die uns noch nicht kennen. Denn nur wer uns kennt und uns vertraut, vertraut sich uns auch an.“ Auf lange Sicht sollen alle 270 Einrichtungen Schulungen erhalten – neben den laufenden akuten Beratungsaufgaben. Für die nächsten Jahre ist also genug zu tun.
Frau
Melanie
Havermann
Rappaportstraße 8
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